Susanne Rubin ist Mitglied der Vereinigung deutschsprachiger Liebesromanautoren DELIA.
Susanne Rubin wurde in Hamburg geboren. Zusammen mit ihrem Mann, einem pensionierten Kriminalbeamten, lebt sie noch heute in ihrer geliebten Heimatstadt.
Ihre inzwischen erwachsenen Söhne bezeichnet sie gern als die wunderbarsten der ganzen Welt.
Sie liebt Spieleabende mit ihrer Familie, hat eine ausgeprägte Schwäche für Milchschokolade und ist Kaffeetrinkerin aus Leidenschaft.
Als waschechte „Hamburger Deern“ würde sie niemals von dort wegziehen. Zitat: „Woanders würde ich eingehen, wie eine vertrocknete Primel“
Woanders würde ich eingehen, wie eine vertrocknete Primel
Zitat von Susanne Rubin
Für Kurt. Freund, Spaßmacher, Held meiner Kindheit
Ich liebe Dich, Paps!
Im März 2012 ist mein lieber Paps seinem Krebsleiden erlegen. Seine letzte Zeit verbrachte er im Hospiz von Hamburg-Leuchtfeuer.
Es ist rührend zu sehen, wie die Menschen, die dort im Hospiz arbeiten, jeden Sterbenden mit Würde und Respekt, Menschlichkeit und viel Engagement aufnehmen und auf Ihre besondere Weise auf seinem letzten Weg begleiten.
Mein Vater war mehrere Wochen dort, bei den wahren „Engeln auf Erden“. Sie haben sich stets liebevoll um ihn gekümmert und standen auch uns Angehörigen mit Wort und Tat zur Seite.
Oft sind es auch Kleinigkeiten, die ein wenig trösten. Ein Kissen, eine Umarmung, ein liebes Wort und ein offenes Ohr zur richtigen Zeit, oder noch einmal das Lieblingsgericht?! Allemal ist es eine überwältigende und tolle Arbeit, die alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Hospiz leisten.
Und weil es häufig die kleinen Dinge im Leben sind, die helfen, habe auch ich mich entschlossen, Hamburg-Leuchtfeuer in Zukunft durch mein Engagement zu unterstützen.
„Man kann dem Leben nicht mehr Tage geben, aber den Tagen mehr Leben“, so steht es auf der Seite von Hamburg Leuchtfeuer geschrieben. Um diese Aufgabe auch weiterhin so wundervoll umsetzen zu können, ist Hamburg-Leuchtfeuer vor allem auf Spenden angewiesen.
Aber ich bitte Sie an dieser Stelle nicht einfach nur um Geld, ich bitte um einige Minuten der inneren Einkehr, um über ein Thema nachzudenken, das wir alle nur allzu gerne verdrängen, bis es uns plötzlich persönlich betrifft. Besuchen Sie das Leuchtfeuer, oder vielleicht möchten Sie sich sogar ehrenamtlich engagieren? Es gibt viele Möglichkeiten, um zu helfen.
Falls Sie etwas spenden möchten, oder mehr erfahren möchten, so folgen Sie bitte diesem Link.
Mein großer, tiefempfundener Dank geht an die Engel von Hamburg-Leuchtfeuer.
„Dies und das“
Mein Opa
Hamburg hat viele Museen, so wie sich das ja für eine Großstadt gehört. In einem dieser Museen, in einer kleinen Ecke, fast unscheinbar (die meisten Besucher werden eher gleichgültig daran vorbeischlendern,), hängt eine dunkelblaue, schlichte Uniform. Es ist die Uniform meines Großvaters.
Ja, mein Opa hat tatsächlich genau diese Uniform getragen, denn er war der erste, und monatelang auch der einzige Kutscher in Hamburg, der eine „Motorisierte Droschke“ besaß und fahren durfte. Das war irgendwann so um 1890! Mein Großvater war damals noch ein Teenager. Er starb im Jahre 1972.
Dieser Mann hat zwei Weltkriege er- und überlebt, SECHZEHN Kinder gezeugt (das drittjüngste, war meine Mutter) und er war ein unglaublich kluger und humorvoller Mensch.
Ich habe ihn bewundert und aus tiefstem Herzen geliebt.
Er war ein wundervoller Großvater, der zu allen seinen Enkelkindern immer freundlich und herzlich war. Allerdings hatte ich das besondere Glück, diesen wunderbaren Opa fast für mich allein zu haben, ganz einfach, weil wir lange Zeit zusammen mit meinen Großeltern in einem Haus wohnten.
Sein „Arbeitszimmer“ war für mich das Paradies!
Neben einem alten Mahagoni-Schreibtisch, dessen rote, lederne Schreibauflage schon trockene Risse aufwies, stand ein winziges, verschlissenes Jugendstilsofa. An der Wand direkt gegenüber, schwang eine riesige Standuhr in gemächlichem Tempo ihr goldglänzendes Pendel hin und her.
Doch vor allem, gab es in Opas Zimmer Bücherregale!
Bücher!
Rundherum Bücher!
Damals dachte ich noch, es müssten tausende sein.
Dort in diesem Zimmer kuschelte ich mich auf dem kleinen Sofa an meinen Großvater, während er las. Ich mochte die Stille in diesem Zimmer, die nur von dem gleichmäßigen Ticken der alten Standuhr untermalt wurde. Ja, ich mochte sogar das Foto von J.F. Kennedy, das hinter dem Schreibtisch an der Wand hing.
Mein Opa las oft viele Stunden am Tag, doch er sprach auch mit mir über die Bücher, über all die vielen Geschichten, die er gelesen hatte – und ich liebte das.
Als ich zehn Jahre alt wurde, schenkte mein Opa mir meinen ersten „richtigen“ Roman: „Sturmhöhe“ von Emily Brontè.
Er konnte nicht ahnen, was er damit in mir entfachte, oder vielleicht ahnte er es doch, denn er war ein kluger Mann.
Natürlich verliebte ich mich unsterblich in „Heathcliff“, den dramatischen und traurigen Helden, der letztlich vor lauter unerfüllter Liebe böse und hart wurde – aber ich fing auch sofort an, mir auszumalen, wie ich „meinen Heathcliff“ beschrieben hätte – und ich begann zu lesen, wirklich zu lesen.
Ich las „Steinbeck“ und „Hemingway“, aber später auch Mitchell’s „Vom Winde verweht“.
Die kleinen Texte, die ich schon damals schrieb, nahm mein Opa als einziges Mitglied in meiner Familie ernst. Er las sie, redete mit mir über diese kindlichen Kritzeleien mit der gleichen, gütigen Ernsthaftigkeit, mit der er auch über „Jenseits von Eden“, oder: „In einem anderen Land“ mit mir sprach.
Als er starb, war ich noch ein Teenager. Ach, ich hätte diesen Mann gerne länger gekannt!
Eine uralte Elbsage
Frei und neu von Susanne Rubin nacherzählt
Kapitel 1
Es war einmal ein junges Paar, das in einem kleinen hübschen Haus direkt am Elbstrand lebte. Das Haus stand am Rande eines Fischerdorfes — und auch der junge Mann war ein Fischer.
Die Frau liebte ihren Mann so sehr, dass es ihr jedes Mal fast das Herz zerschnitt, wenn er in sein Boot stieg und zusammen mit den anderen Fischern hinaus auf den Strom, bis hin zum großen Meer fuhr, um zu fischen. Tagelang saß sie dann auf einem großen Stein am Strand und blickte auf das wilde Wasser, das sie unterdessen mit der gleichen Inbrunst hasste, mit der sie ihren Mann liebte.
Auch der junge Mann liebte seine schöne Frau über alle Maßen.
So wie jeder Mann und jede Frau im Ort, bewunderte er aber vor allem ihr herrliches nachtschwarzes Haar, das lang und seidig glänzend bis hinab auf ihre Hüften fiel. Daran konnte er sich niemals sattsehen und jedes Mal, bevor er in sein Boot stieg, strich er noch einmal durch die seidige schwarze Fülle, dann küsste er sie auf den Mund und versprach gesund zu ihr zurückzukommen.
Die Königin des Flusses beobachtete die beiden jungen Menschen sehr oft dabei. Zuerst freute sie sich noch über das strahlende Glück des Paares, doch dann fraß sich ein dunkles Gefühl in ihr einsames Herz und breitete sich darin immer mehr aus. Schon bald beneidete die Königin die junge Menschenfrau um ihre Schönheit, um das wundervolle Haar und um die offensichtliche Liebe, die in den Augen des Mannes brannte wie lodernde Flammen, wenn er seine schöne Frau betrachtete , ihr über das Haar strich, und sie zum Abschied küsste.
Nun hatte die Elbkönigin nur noch Augen für den Mann und seine anziehende Erscheinung. Sie wusste, dass auch sie selbst schön war, und die Sehnsucht danach, dass der Mann nur noch sie mit diesen flammenden Augen ansehen sollte, wurde übermächtig in ihr. Sie fragte ihren Vater, den mächtigen Gott der Meere um Rat, aber der lachte nur, weil sie so töricht war, einen schwachen Menschenmann zu begehren. Die Elbkönigin wurde böse und besann sich auf ihre eigenen Zauberkräfte. Als die Fischer erneut in ihre Boote stiegen, lächelte sie.
Kapitel 2
Dichte Nebelschwaden waberten über dem Strom, als die Fischer in den frühen Morgenstunden in ihre Boote stiegen, um ihrer gefährlichen Arbeit nachzugehen.
Sie hatten sich allesamt von ihren Familien und Frauen verabschiedet und der älteste Fischer stimmte wie immer ein Lied an, um die Elbkönigin zu erfreuen und zu besänftigen, denn ihre Launenhaftigkeit war nur allzu bekannt unter den Fischern.
Kaum waren alle Segel gesetzt, stimmten auch die anderen Fischer in das Lied mit ein.
Die Frauen standen am Strand und schauten den kleiner werden Booten nach – solange, bis der letzte Ton verklungen und auch das letzte Boot im dichten Nebel des Morgens verschwunden war. Eine nach der anderen machte sich auf zurück in ihr Heim, um dort für eine baldige und gesunde Heimkehr der Männer und einen guten Fang zu beten.
Nur eine der Frauen blieb wie immer am Strand zurück. Sie setzte sich auf einen großen runden Stein, zog sich ihr wärmendes Schultertuch über den Kopf und blickte auf das Wasser der Elbe, das um diese frühe Stunde noch schwarz und unendlich bedrohlich aussah.
Dann begann auch sie zu singen, leise und bittend, denn dieses Mal war ihr Herz noch unsagbar schwerer als sonst. Sie sang ein altes Lied, das sie schon als kleines Mädchen von ihrer Mutter gelernt hatte und von dem seit jeher erzählt wurde, dass es der Elbkönigin besonders gefiel.
In den Tiefen des Stromes, in ihrem prächtigen Palast aus Stein und Kristall, hielt sich die Elbkönigin ihre Ohren zu. Sie wollte die schöne alte Weise nicht hören, die mit der lieblichen Stimme der jungen Frau zu ihr über das Wasser getragen wurde und ihr Herz gefährlich ins Wanken brachte. Die Königin hatte schon lange eine Entscheidung getroffen und es war eine Erleichterung für sie, als das Lied zu seinem Ende kam und damit auch die sanfte Stimme der jungen Frau verstummte. Nun konnte die Herrscherin der Elbe sich ans Werk machen und ihre Sehnsucht nach dem Menschenmann stillen, die so heiß und unnachgiebig in ihr brannte. Sie griff nach ihrem Dreizack und verließ den Kristallpalast, denn es wurde Zeit für den Sturm.
Als die ersten Fischerboote zurückkehrten, standen bereits wieder viele Frauen am Strand und sahen ihnen entgegen. Auch die junge Frau, die ohne Unterlass auf ihrem Stein gesessen und auf ihren geliebten Mann gewartet hatte, erhob sich nun, um ihn endlich wieder in ihren Armen willkommen zu heißen. Doch die Gesichter der Männer, die nach und nach an Land kamen, waren verhärmt und voller Schmerz. Die Augen der jungen Frau suchten vergeblich die Reihen der heimkehrenden Männer ab. Als sie begriff, dass ihr Geliebter nicht unter ihnen war, liefen ihr Bäche von Tränen über die Wangen, und die Männer bestätigten ihr die furchtbare Wahrheit. Sie berichteten von einem heftigen Sturm, der plötzlich über die Boote hinwegfegte. Wie ein Wunder war es, dass bei so einem furchtbaren Sturm nur ein einziges Boot in den Fluten versank, so erzählten sie. Die junge Frau war untröstlich, als ihre Angst nun zur Gewissheit wurde und ihr Weinen und Schluchzen klang weit über den Fluss hinaus.
Kapitel 3
Im Kristallpalast, tief im Strom verborgen, belegte die Herrscherin der Elbe derweil den jungen Mann mit einem Zauber, sodass er bei ihr im Palast leben und atmen konnte.
Als der Mann aus seiner tiefen Ohnmacht erwachte, lag er auf einem Bett aus Tang und weichem Sand. Nur mühsam schlug er die Augen auf. Als er sich verwirrt in der glitzernden Umgebung aus Kristall, Muscheln und Luftbläschen umsah, nahm er schließlich eine Frau wahr. Sie war umwerfend schön, von ihrem goldblonden Haar, das ihre nackten Brüste nur teilweise bedeckte, bis hin zur schmalen Taille. Wie gebannt starrte der junge Mann die Frau an. Doch dann wanderte sein Blick an ihrer Gestalt hinab und er erblickte ihren schwarzgrün schimmernden Unterleib, der wie ein übergroßer Fischschwanz geformt war.
Sogleich verschwand die männliche Bewunderung für weibliche Schönheit aus seinem Blick und machte einer Abneigung Platz, die so tief war, dass sich sein ganzes Gesicht vor lauter Widerwillen verzog.
Das Wesen mit dem Fischschwanz bewegte sich nun langsam auf ihn zu und lächelte aus einem wundervoll geformten Mund auf ihn herab.
„Ich bin die Herrscherin über den Fluss“, ließ sie ihn wissen. „Du wirst leben und atmen können, solange du in meinem Palast bist. Verlässt du aber diese Kristallmauern, wirst du auf der Stelle elendig zu Grunde gehen.“
Der junge Mann war überall für seine Klugheit und Besonnenheit bekannt gewesen. Nachdem er nun seine Gedanken geordnet hatte, sah er der Elbkönigin direkt in ihre smaragdgrünen Augen und lächelte ebenfalls. „Warum hast du mich nicht gleich sterben lassen, Majestät des Flusses? Ich bin ein Fischer und kein Mann, den man einsperren kann.“
Die Elbkönigin lachte glockenhell und ihre Augen glitzerten dabei wie frisch polierte Edelsteine. „Du wirst es noch lieben, bei mir zu sein, mein Mann, du wirst mich lieben und nichts und niemanden sonst begehren.“
Der Mann schüttelte den Kopf und sein dunkles Haar bewegte sich im Wasser auf die gleiche behäbige Weise wie der Tang auf dem er saß. „Ich kann dich nicht lieben, Majestät, denn ich habe bereits eine Frau und ihr gehört mein ganzes Herz und mein ganzes Sehnen.“
„Genug!“, schrie die Königin wütend. „Ich will das nicht hören! Du wirst diese Menschenfrau bald vergessen und nur noch mich begehren. Sieh mich an, Mann! Bin ich nicht schöner als jede Frau, die du kennst?“
Augenblicklich lachte der junge Mann bitter auf und seine meerblauen Augen wurden kalt wie Eis. „Du und schön? Wie kann eine Frau schön sein, die einen widerwärtigen Fischschwanz ihr Eigen nennt und keinen wohlgeformten Unterleib? Dieser Anblick ist wirklich allzu abstoßend! Die Frau, die ich liebe, ist hingegen wunderschön mit ihrem Haar aus schwarzer Seide und ihrer berückenden und vollkommenen Gestalt.“
Wütend schlug die Elbkönigin eine Muschelschale entzwei und ihre grünen Augen sprühten Funken vor Wut. „Du wirst keine Wahl haben, Mann!“
Auch der Mann wurde jetzt wütend. „Mir wäre es lieber, du ließest mich sterben, Majestät. Ohne meine liebe Frau will ich nicht sein.“
Aber die Königin hob nur ihr stolzes Haupt, wandte sich ab und ließ ihn allein in seiner Kammer aus Kristall und Tränen.
Kapitel 4
Viele Wochen lang war der junge Mann nun schon der Gefangene der Elbkönigin, aber sein Herz ließ sich nicht erweichen. Der Blick mit dem er die Herrscherin betrachtete, blieb voller Abscheu.
Er sprach nur noch mit ihr, wenn er sie bat, ihn endlich sterben zu lassen. Und er tat es stets mit einem Gesicht voller Traurigkeit und Sehnsucht.
Die Königin war wütend.
Sie versuchte sich an mehreren Zaubern, um ihn zu betören, doch sie wusste, dass man wahre Liebe nicht herbeizaubern konnte. Das lag nicht in ihrer Macht.
Hinzu kam, dass sie jeden Abend die junge Frau weinend am Ufer sitzen sah. Die Frau hörte einfach nicht auf zu weinen und hinaus auf den Fluss zu starren. Viele Tage und viele Nächte saß sie dort und ihre Tränen liefen ohne Unterlass über die zarten Wangen.
Dann gingen Herbst und Winter vorbei, der Frühling kam ins Land und die Frau saß noch immer jeden Tag auf ihrem Stein und blickte auf den Strom. Einmal sah die Königin, wie die junge Frau ihr herrliches schwarzes Haar ausschüttelte, die langen seidigen Fäden im Fluss wusch und es anschließend in der Frühlingsonne trocknen ließ. Ein einzelnes schwarzes Haar geriet dabei der Königin in die Hände und sie wickelte sich den zarten Faden um ihren Finger. Immer wieder strich die Elbkönigin über das einzelne Haar, das so weich und glänzend wie reinste Seide war.
Nach weiteren erfolglosen Wochen besuchte die Königin ihre ältere und weise Schwester, die Königin der Förde, um deren Rat zu erbitten.
„Du wirst seine Liebe nicht erzwingen können, Schwester, aber du kannst mit einem Zauber dafür sorgen, dass er seine Erinnerung verliert.“
Die Elbkönigin nickte. „Ja, daran habe ich auch schon gedacht. Wenn er seine Frau vergisst, wird er mich endlich lieben.“
„Dann zögere nicht und lösche seine Erinnerungen an sein Leben auf dem Land. Menschenmänner sind eigenartige Wesen. Sie brauchen eine Frau wie Nahrung und die Luft zum Atmen.“
„Danke für deinen Rat, Schwester der Förde.“
Die Schwestern trennten sich und die Elbkönigin schritt ans Werk.
Sie belegte den jungen Mann erneut mit einem Zauber und löschte damit all seine Erinnerungen an die Frau, die noch immer jeden Tag auf dem Stein am Strand saß und bitterlich um ihn weinte.
Nun dachte der Mann nicht mehr an seine junge Frau. Sein Blick wurde jedoch auch jetzt nicht fröhlicher und seine meerblauen Augen betrachteten die Königin noch immer mit anhaltender Geringschätzung.
„Warum begehrst du mich nicht, mein Mann?“, fragte die Herrscherin immer und immer wieder.
Der Mann antwortete immer auf die gleiche Weise:
„Dein Fischleib ruft nicht mehr als Abscheu in mir hervor, Majestät. Ich kann dich nicht begehren.“
Die Herrscherin des Flusses dachte nun jeden Tag darüber nach, wie sie ihren Fischschwanz vor dem Mann verbergen konnte. Von ihren Untertanen ließ sie sich schmückende Gürtel aus Muscheln und Tang knüpfen, aber ihr Unterleib war einfach zu groß und ließ sich nicht so einfach tarnen. Immer wieder musste die Königin hinnehmen, dass der Mann sie mit einem einzigen Blick auf ihren Fischleib verschmähte.
Eines Abends beobachtete die Königin einmal mehr die junge Frau am Flussufer, deren Tränen auch nach so vielen Monaten nicht versiegen wollten. Gedankenvoll strich die Königin über den seidigen Faden, den sie noch immer um einen ihrer Finger gewickelt trug. Der Wunsch nach diesem wundervollen Haar wurde übermächtig in ihr und sie wünschte sich, sie selbst könnte sich ebenfalls mit dieser glänzenden schwarzen Seide umhüllen.
Als die junge Frau am Ufer plötzlich eine Stimme aus dem Fluss hörte, erschrak sie zutiefst.
„Frau, Frau, hör mir zu!“, sprach diese Stimme zu ihr.
„Wer bist du?“, fragte die junge Frau mit zitternder Stimme, als sie verwundert eine schöne Frau mit goldblondem Haar erblickte, die ihren nackten Oberkörper aus den Fluten der Elbe erhob.
„Ich bin die Herrscherin über diesen Fluss und ich habe deinen Mann in meiner Obhut.“
„Meinen Mann?“ Die Augen der jungen Frau wurden groß. „Wie kannst du meinen Mann bei dir haben, Königin? Mein Mann ist schon vor vielen Monaten in deinem Fluss ertrunken.“
„Dein Mann ist nicht tot. Ich halte ihn in meinem Palast gefangen.“
Die junge Frau wurde fast ohnmächtig vor Glück und Hoffnung. „Dann gib mir meinen Mann zurück, du mächtige Herrscherin des Stromes! Bitte gib ihn mir zurück! Mein Leben ist nichts ohne ihn.“
„Hör mir zu, Frau, du wirst mir aus deinem Haar einen prächtigen schwarzen Mantel spinnen. Zart und seidig – und so groß, dass er mich vollkommen verhüllt. Vielleicht bekommst du dann deinen Mann zurück.“
Die junge Frau berührte ihr Haar und erschrak aufs Neue. „Aus meinem Haar? Aber, liebe Königin, mein Mann liebt mein Haar.“
„Du hast meine Worte gehört, Frau. Beim nächsten Vollmond werde ich wieder hier sein und mir den Mantel holen. Du hast keine Wahl.“
Damit verschwand die Königin zurück in den Fluten und ließ die junge Frau allein zurück.
Kapitel 5
Von nun an verbrachte die junge Frau jede einzelne Sekunde ihrer Tage und Nächte damit, ihr wundervolles Haar zu zarten Fäden zu verspinnen. Das Gewebe, das sie aus diesen Fäden herstellte, war seidig glänzend und wunderschön. Die Frau war sich sicher, dass es der Königin gefallen würde.
Einen Tag, bevor der Vollmond wieder über dem Fluss stehen würde, stellte die Frau den Mantel für die Elbkönigin fertig – und er war wahrlich herrlich anzusehen.
In der Vollmondnacht erschien die Herrscherin des Stromes und nahm mit leuchtenden Augen den wundervollen Mantel entgegen. Doch als sie hineinschlüpfte, bemerkte sie, dass der Mantel zu kurz war, denn er bedeckte nicht vollständig ihren Fischleib. Auf der Stirn der Königin erschienen Falten des Zornes. Vor lauter Wut warf sie der Frau des Fischers den Mantel wieder vor die Füße.
„Der ist viel zu kurz, Frau. Mach ihn länger, sonst wird aus unserem Handel nichts.“
„Aber liebe Königin, mein Haar ist nun ganz kurz geschnitten. Vorher soll ich die Fäden dafür nehmen?“
„Lass es wachsen, Frau.“
Die junge Frau brach in bittere Tränen aus. „Liebe, liebe Königin, es wird sehr viele Monate, vielleicht sogar Jahre dauern, bis mein Haar nachgewachsen ist.“
„Warte hier auf mich, Menschenfrau, ich werde dir einen Trank bringen, der dein Haar schneller wachsen lässt.“ Mit diesen Worten verschwand die Königin, um nur wenige Minuten später erneut zu erscheinen. Sie warf der Frau eine kristallene Phiole zu und sprach: „Trink dies auf einen Zug, dann leg dich schlafen und dein Haar wird hundertmal schneller wachsen, als die Natur es für dich vorgesehen hat. Wenn der Mantel fertig ist, komm wieder her, ich werde da sein; vielleicht bekommst du dann deinen Mann zurück.“
Die junge Frau ging nach Hause und tat, wie die Königin es ihr befohlen hatte. Sie nahm den Trank zu sich und legte sich schlafen. Schon am nächsten Morgen war ihr Haar um viele Zentimeter gewachsen, aber die Frau stellte mit Schrecken fest, dass es nun nicht mehr glänzend schwarz, sondern vielmehr so hell wie der Weizen auf den Feldern geworden war. Nun ja, dachte die Frau, dann muss es eben damit gehen. Die Königin wird sich damit abfinden müssen.
Einige Wochen später war das nun hellblonde Haar der Frau wieder so lang geworden, wie es auch zuvor ihre glänzend schwarze Pracht gewesen war. Sie schnitt sich das Haar abermals vom Kopf und verspann es zu Fäden, die ebenfalls seidig und glänzend waren. Mit diesen Fäden verlängerte sie den Mantel. Er war jetzt so lang, dass er die junge Frau ganz verhüllte und sie stellte sich vor, dass es auch bei der Elbkönigin so sein würde. Mit erwartungsfrohem Herzen setzte sie sich also am Abend auf ihren Stein am Flussufer, den Mantel auf ihren Knien, und wartete.
Doch als die Elbkönigin erschien und sich den Mantel umlegte, war er immer noch kurz.
„Wie kann das sein?“, donnerte die Königin wütend. „Und warum hat er jetzt unten eine andere Farbe, Frau?“
„Ich kann nichts dafür, Herrscherin des Flusses, du musst mir glauben. Mein Haar ist nun hell und wenn dir der Mantel noch immer zu kurz ist, musst du mir noch einmal den Trank geben, damit ich ihn erneut für dich verlängern kann.“
„Mir gefällt der Mantel so nicht, Frau, aber es gibt keinen Zauber für die Farbe. Ich kann dein Haar nur schneller wachsen lassen. Also warte hier, damit ich dir erneut den Trank bringen kann.“
Als die Königin ihr kurze Zeit später eine weitere Phiole mit dem Zaubertrank zuwarf, tat sie das mit den Worten: „Der Mantel soll prachtvoll und sehr lang werden. Vielleicht bekommst du dann deinen Mann zurück.“
Kapitel 6
Als die Frau am nächsten Tag in den Spiegel sah, erkannte sie, dass ihr schönes Haar nun weder schwarz, noch blond, sondern schneeweiß nachwuchs. Sie sackte in sich zusammen und schluchzte voller Verzweiflung laut auf. Sie weinte, bis ihre tiefblauen Augen rot umrandet und ganz entzündet waren.
Es dauerte wieder nur wenige Wochen, bis das weiße Haar ihr bis zu den Hüften reichte. Es war noch immer glänzend und weich und doch hatte die junge Frau furchtbare Angst vor der Königin, wenn diese erst den weißen Abschluss des Mantels sehen würde.
Trotzdem begann die Frau erneut mit ihrer Arbeit.
Ihre Finger waren unterdessen wund und ihr Rücken schmerzte von der Plage am Spinnrad und am Webstuhl. Ihre Augen brannten wie Feuer von all den Tränen, aber sie dachte unentwegt daran, dass sie nur durchhalten musste, um ihren geliebten Mann bald wieder in die Arme schließen zu können.
Die Wut der Königin kannte jedoch keine Grenzen, als sie den dreifarbigen Mantel sah. Zwar war er nun lang genug, um ihre Gestalt und den Fischleib vollständig zu verhüllen, aber er war hässlich und schmückte sie nicht.
Die junge Frau war verzweifelt, als die Herrscherin des Flusses, ihr den Mantel erneut vor die Füße warf.
„Sieh zu, dass er so schön wird, wie zuvor, du nichtsnutzige Menschenfrau! Vielleicht bekommst du dann deinen Mann zurück.“ Damit verschwand sie in den dunklen Tiefen der Elbe.
Voller Schmerz und Verzweiflung rief die Frau nach der Königin, aber sie kam nicht zurück. Der dreifarbige Mantel lag zu ihren Füßen im Sand des Flussufers. Ermattet und müde ließ sich die junge Frau auf ihren Stein sinken und begann erneut zu weinen, bis ihre Tränen plötzlich versiegten, sodass sie nur noch trocken schluchzen konnte.
„Ich liebe ihn so sehr, Königin!“, rief sie noch einmal über das dunkle Wasser. „Ich liebe ihn über den Tod hinaus. Was kann ich jetzt noch tun, damit du ihn mir zurückbringst?“
Dann hob sie ihren Kopf und sah in den Himmel. Die Nacht war klar und warm und am Himmel waren alle Sterne zu sehen. Die Sterne sahen aus, als wären sie aus Gold und Silber, auf nachtschwarzem Samt gebettet, der sich wie ein schützendes Zelt über die Erde und den Fluss wölbte. Der Anblick war wunderschön und ließ die junge Frau für wenige Sekunden innehalten. Wie verzaubert blickte sie noch einige Minuten zum nächtlichen Firmament empor.
Zurück in ihrem kleinen Haus machte sich die Frau sofort an die Arbeit und trennte vorsichtig den ganzen Mantel wieder auf. Sie ordnete die Fäden nach ihrer Farbe und als diese langwierige Arbeit getan war, setzte sie sich zurück an ihren Webstuhl.
Viele Tage später war der Mantel erneut fertig. Er war so wunderschön und prächtig, dass es sogar der Frau, die ihn mit ihren eigenen Händen gewebt hatte, den Atem raubte.
Gold – und Silbersterne glitzerten auf nachtschwarzem Grund. Der Mantel war ein echtes Schmuckstück geworden und würde jede Königin bezaubern, dessen war sich die junge Frau jetzt sicher.
In der darauffolgenden Nacht setzte sich die Frau wieder ans Ufer der Elbe und wartete mit klopfendem Herzen. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis die Herrscherin des Flusses erschien. Ihre Augen sprühten vor Begeisterung und Begierde, als sie den prachtvollen Mantel sah und sie legte sich das Kleidungsstück sofort um die Schultern. Das Gewand umhüllte sie vollkommen und verbarg auch ihren hässlichen Fischleib. Die Königin lachte glücklich auf.
Vor lauter Erleichterung lachte die junge Frau ebenfalls. „Er ist herrlich, nicht wahr, liebe Königin? Und er lässt dich richtig erglühen.“
„Ja“, erwiderte die Königin. „Der Mantel lässt mich erglühen.“ Wieder lachte sie.
„Wann wirst du mir meinen Mann schicken, liebe Königin?“
„Menschenfrau, ich habe nur gesagt, dass ich ihn dir vielleicht zurückschicken werde.“
„Nein!“, schrie die junge Frau auf. „Das kannst du mir nicht antun, Königin! Ich habe alles getan, was du wolltest. Ich habe deinen Wunsch erfüllt. Ich habe mich jeden Tag und jede Nacht für dich gequält. Gib mir nun meinen Mann zurück, so wie du es versprochen hast!“
Doch die Königin verschwand ohne ein weiteres Wort im Fluss und ließ die verzweifelte Frau am Ufer zurück.
Kapitel 7
So wie jeden Tag lag der Mann auf seinem Bett aus Tang und weichem Sand und langweilte sich.
In den vielen Monaten, die er nun schon im Kristallpalast festgehalten wurde, hatte es kaum Abwechslungen für ihn gegeben. Die Tage und Nächte wurden noch nicht einmal von Mahlzeiten unterbrochen, denn offenbar benötigte er keine Nahrung mehr. Auch dafür hatte seine Herrscherin gesorgt.
Er wusste, dass sie ihn mit allerlei Zaubersprüchen belegt hatte, aber er wusste auch, dass er eigentlich ein Mensch, ja ein Mann war. Manchmal sortierte er eine kleine Muschelsammlung, die er sich unterdessen angelegt hatte, oder er schwamm ein wenig durch seine Kammer. Mehrmals am Tag besuchte ihn die Elbkönigin, doch trotz der vielen Langeweile war er niemals froh über ihre Besuche, da er sie eher als lästig empfand. Die kurzen Gespräche, die sie miteinander führten, waren kaum unterhaltsam. Ihre Untertanen ließ sie niemals zu ihm, aber es musste sie geben, wenn er ihr Glauben schenken konnte.
Der Mann fühlte sich sehr einsam in seiner Kristallkammer, und es brannte eine Sehnsucht in ihm, die er nicht verstand. Jeden Tag schien sein Herz immer schwerer zu werden.
Als er hörte, dass die Königin sich näherte, erhob er sich von seinem Lager, denn er wollte sich in ihrer Nähe keine Blöße geben.
Aber seine Herrscherin kam zu ihm in die Kammer und sah ganz und gar anders aus als er es bisher von ihr kannte. Da war kein hässlicher Fischleib mehr, der stets einen heftigen Widerwillen in ihm hervorgerufen hatte.
Sie war hingegen wunderschön, wahrscheinlich die schönste Frau, die er je gesehen hatte, so dachte er. Ihr makelloses Gesicht war bezaubernd eingerahmt von goldfarbenem Haar und ihre Augen glitzerten wie Smaragde. Ihr schlanker Körper war vollkommen in ein herrliches Gewand gehüllt, dessen Anblick sofort die Erinnerung an laue Sommernächte in ihm wachrief. Er fühlte diese tiefe ungestillte Sehnsucht, die ihn niemals loslassen wollte umso stärker auflodern, als sie sich immer weiter auf ihn zubewegte.
„Geliebter“, flüsterte sie verführerisch. „Willst Du mich nicht endlich umarmen?“
Der Mann fühlte sich seltsam betört von ihrem Anblick, aber er konnte nicht sagen, warum das so war.
„Ja“, antwortete er verwirrt und streckte bereits seine Arme nach ihr aus. „Ja, Schöne, komm zu mir.“
Der Triumph ließ die Königin hell auflachen und sie schmiegte sich in seine starken Arme. Doch in dem Augenblick, als der Mann seine Hände auf sie und den Mantel legte, zuckte er zurück, als hätte er sich daran verbrannt.
„Mein Geliebter“, flüsterte sie noch einmal und wollte ihn erneut umarmen. Aber sein Blick war nun wieder so abweisend und kalt wie all die Monate zuvor. Die Elbkönigin ahnte noch nicht, dass all seine Erinnerungen zurückgekehrt waren, als er das zarte Gewebe des Mantels berührt hatte.
„Was hast du getan, Majestät? Das ist das wundervolle Haar meiner Frau“, brachte er endlich bebend hervor. „Ich würde es überall wiedererkennen.“ Seine Augen füllten sich nun mit Tränen. „Was hast du ihr angetan, du widerliche Kreatur?“
Die grünen Augen der Elbkönigin weiteten sich und ruhten noch für einige lange Augenblicke auf dem Antlitz des Mannes. Voller Wut und Traurigkeit war sein anziehendes Gesicht, aber er erwiderte standhaft ihren Blick. In seinen nassen Augen erkannte sie die tiefe Liebe und die brennende Sehnsucht, die er für seine Frau fühlte. Das Herz der Elbkönigin wurde plötzlich weich und begann seltsam zu schmerzen. Mit dem fremden Schmerz in ihrem Herzen klärte sich auch ihr Verstand. Sie ahnte längst, dass es echte Liebe musste, die sie für den Menschenmann fühlte.
„Nun denn“, sprach sie matt. „Leg dich schlafen, Mann, und ruhe dich aus. Du wirst deine Kräfte brauchen.“
Ehe der Mann sich versah, war die Königin verschwunden.
Die Herrscherin des Flusses tauchte aus den Fluten auf und sah die junge Frau auf ihrem Stein sitzen.
„Frau des Fischers, komm näher zu mir“, rief die Königin ihr zu.
Die Frau erhob sich und sofort erschien in ihren Augen der hoffnungsvolle Schimmer, den die Königin schon so gut kannte.
„Königin des Flusses, was willst du noch von mir? Mein Haar ist weiß und kurz, meine Hände schmerzen von all der nutzlosen Arbeit und mein Herz ist gebrochen. Ich kann dir nichts mehr geben.“
„Hör zu, Frau! Geh nach Hause und hole ein Bündel mit Kleidung für deinen Mann. Dann warte hier. Ich werde dir deinen Geliebten noch heute Nacht zurückbringen.“
Die junge Frau fiel schluchzend auf ihre Knie und ihr Gesicht begann zu strahlen.
„Ist das auch wahr, liebe Königin? Du wirst ihn mir endlich zurückgeben?“
„Ja, so soll es geschehen. Ich wollte seine Liebe erzwingen, aber der Mann gehört nur dir allein. Nun muss ich meine Schuld an euch begleichen, Frau. Ich habe furchtbares Unrecht getan.“
Die Frau war sprachlos vor Glück. „Du verlangst nichts mehr von mir?“
„Nein, du bekommst etwas von mir. Hör mir gut zu: dein Mann wird niemals mehr in Gefahr sein, wenn er auf den Fluss und auf das Meer hinausfährt. Er wird alle Zeit gesund und mit vollen Netzen heimkehren. Du wirst niemals mehr um ihn bangen müssen, Hüterin seines Herzens, denn ich werde ihn beschützen. Die schlimmsten Stürme werden ihm nichts mehr anhaben können. Sein Boot wird ihn immer unbeschadet zu dir zurückbringen. Du wirst ihn nur immer weiter von ganzem Herzen lieben müssen.“
Noch bevor die junge Frau antworten konnte, verschwand die Königin.
Die Frau lief so schnell sie konnte, um die Kleidung für ihren Mann zu holen und als sie zurück an das Ufer kam, lag er dort mit geschlossenen Augen im Sand. Das Kleiderbündel entglitt ihren Händen und sie fiel neben ihm auf die Knie. Sie streichelte sein Gesicht und sah ihn lange an – und dieses Mal waren es Tränen der Freude und des Glücks, die ihr über die Wangen liefen.
Als der Mann die Augen aufschlug und in das glückselige Gesicht seiner Frau sah, weinte auch er und sie hielten sich lange in den Armen.
„Ich bin nicht mehr schön für dich, sieh doch“, brachte die junge Frau irgendwann hervor und strich sich dabei über das kurze weiße Haar.
„Du wirst immer die Schönste für mich sein, Liebste. Was schert mich dein Haar!“ Er lachte und küsste sie.
Am nächsten Morgen blickte die junge Frau in ihren Spiegel und erkannte, dass das Haar, das ihr nun langsam nachwuchs, tiefschwarz war.